Unter meinen Fenstern werden Gräben ausgehoben, Schächte gebaut, Leitungen verlegt. Mehrere Wochen schon dauert das Treiben mit dem Lärm der Motoren und Maschinen, dem Schaben und Knirschen der Baggerschaufeln, den gleichförmigen Rufen der Arbeiter. Fast zweihundert Meter zieht sich die Baustelle entlang der geschäftigen Werkstrasse des benachbarten Industriebetriebs. Dauernd stehen sich Baumaschinen und riesenlange Lastzüge im Weg, dazwischen kurven Hubstapler und Lieferwagen herum, auf dem engem Raum neben den längs und quer laufenden, teils mit Eisenplatten überdeckten Gräben sind Fahrzeuge geparkt, Container abgestellt und Rohre aller Dimensionen und Längen gelagert, die in den kommenden Wochen noch verbuddelt werden sollen. Von meinem erhöhten Ausguck präsentiert sich das ganze dem Laienauge als undurchdringliches Chaos.
Kaum schaue ich ein Weilchen zu, verflüchtigt sich der Eindruck des Durcheinanders. Wie beim Schiebepuzzle organisieren sich Vorziehen und Zurücksetzen, gezirkelte Manöver und abgestimmte Abläufe. Aus der Distanz sieht es aus, als ob es dazu weder Kommando noch Palaver bräuchte. Anscheinend genügt es, dass alle die Augen offen halten.
Fahrer von Lastzügen mit Auflegern oder gar mit zweiachsigen Anhängern schaffen es regelmässig, trotz engstem Raum mit zahlreichen Hindernissen ihre Vehikel mit über dreissig Metern Gesamtlänge rückwärts in die Halle zu setzen. Das Werkstor ist anderthalb mal so breit wie das Fahrzeug, und die Einfahrt steht rechtwinklig zur schmalen Werkstrasse. Zwei, drei Korrekturen gestehen sie sich zu, dann sind sie drin und steuern ihre Monster-Trucks zentimetergenau an den vorgesehenen Platz.
Unterdessen prescht der Radbagger mit einer Schaufel voll Erde, die er bei dem am Ende des Bauplatzes deponierten Aushub aufgeladen hat, über die Werkstrasse zu einem der Gräben, in dem zwei Männer einen neu eingesetzten Betonschacht mit seinen Zuleitungen verbinden. Während der rasanten Fahrt wendet der Baggerführer den Aufbau seines Geräts. Er walzert sozusagen über die Werkstrasse, wobei der Ausleger mit der mächtigen Schaufel nur um Meter an Hindernissen vorbeischwingt. Vor dem Graben lässt er das Biest stoppen, hält die Schaufel schräg, rüttelt sie ein bisschen und schüttet das Erdreich subtil dosiert rund um den Betonschacht in die Zwischenräume zur Wand des Grabens.
Ich stelle mir vor, dass die Leute, denen ich von meinem Fenster aus manchmal zuschaue, mit ihrer Arbeit recht zufrieden sind.
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